Kaiserschmarrn und Schnitzel kennen bei Kika und Leiner keine Krise. An späten Vormittagen finden sich in den Restaurants des Möbelkonzerns zwischen betagten Gästen kaum freie Plätze. Die Umsätze der Lokale liegen weit über Plan. Die zweitbeste Bilanz erzielt ein Standort in Villach. Leiner hat ihn längst verlassen. Gegessen und getrunken wird dort dennoch wie vor zehn Jahren. Als hätte es drei Eigentümerwechsel, eine Insolvenz, die Schließung von 23 Einrichtungshäusern und den Abbau von mehr als 1600 Beschäftigten nie gegeben.

Kika-Leiner-Manager Volker Hornsteiner: "Die Lieferanten glauben an uns."
Regine Hendrich

Heil ist die Welt bei Kika und Leiner jedoch nur in der Gastronomie. Im Einrichtungshandel muss das Unternehmen seine Erwartungen vielerorts zurückschrauben. 300 Millionen Euro Umsatz peilt Volker Hornsteiner im ersten Wirtschaftsjahr nach dem abgeschlossenen Sanierungsverfahren an. "Das ist die unterste Unterkante, an die wir unsere Kosten anpassen müssen."

Hornsteiner arbeitete knapp drei Jahrzehnte für den Lebensmittelriesen Rewe. Seit Juli leitet er auf selbstständiger Basis für Hermann Wieser einen Teil der Geschäfte von Kika und Leiner. Wieser selbst meidet als neuer Eigentümer und Chef der Möbelhandelskette die Öffentlichkeit. Ähnlich handhabt es Familie Seifert, die beim Mitbewerber Lutz die Fäden zieht.

Konjunkturellen Rückenwind gibt es für den Weg aus der Talsohle keinen. Im Vorjahr brach der Möbelhandel in Österreich um mehr als elf Prozent ein. In den vergangenen Monaten erlebten Lieferanten Einbußen von bis zu 25 Prozent. Die Mischung aus hohen Zinsen, wenig Neubauten und flauem Konsum ist toxisch für die Branche.

Die Gehälter im Handel stiegen kräftig. Demnächst stehen die Urlaubsgelder an. Wird der Sommer für Kika und Leiner zum neuerlichen Härtetest? Hornsteiner macht keinen Hehl daraus, dass die höheren Löhne herausfordernd seien, zumal Forderungen der Gewerkschaft im Herbst wohl nicht minder groß seien. Finanziell sei der Konzern aber durch ausreichend Eigenkapital abgesichert. "Wir versuchen alles, um ihn zu stabilisieren und die Jobs zu halten."

Gerüchteküche

Man habe intern jeden Stein umgedreht und alle Verträge neu verhandelt. Jetzt werde die IT neu ausgeschrieben, sagt Hornsteiner. Derartig hohe Investitionen setzten einen Schlachtplan für die kommenden fünf Jahre voraus. Wieser gehe von Verlusten im ersten Jahr, einer schwarzen Null im zweiten und der Rückkehr in die Gewinnzone im dritten Jahr aus, erzählen Unternehmenskenner. Hornsteiner spricht von Vorgaben, bereits heuer ausgeglichen zu bilanzieren. Dies sei freilich "sehr sportlich".

Seit langem spekuliert die Branche über die Quelle des Geldes, das in den Neustart von Kika und Leiner fließt. Hartnäckig halten sich Gerüchte über gute Kontakten zu Marktführer Lutz – über die Achse der Grazer Supernova-Gruppe, unter deren Dach die Immobilien des Möbelhändlers kamen. Warum Lutz viel daran liegen könnte, den Erzrivalen leben zu lassen? Starkes Interesse an Kika und Leiner wird seit jeher Höffner nachgesagt. Gelänge dem deutschen Konkurrenten der Einstieg in Österreich, müsste Lutz, der von der Schwäche von Kika und Leiner profitiert, den Wettlauf um Kunden mit härteren Bandagen führen.

Lutz wies Verbindungen zu Kika und Leiner stets entschieden zurück. Auch Wiesers Konzern stellt dies scharf in Abrede. Enge Abstimmung gebe es nur mit Supernova-Gründer Frank Albert als Vermieter. Der Immobilienentwickler gewährt Mietreduktionen und Stundungen, um das operative Geschäft zu stützen.

Kleines Gegengewicht zu Lutz

Viele Lieferanten sind darob nicht unglücklich. Höffner soll bisher wenig Wert auf österreichische Produzenten gelegt haben. Kika und Leiner dienen ihnen hingegen mit ihren verbliebenen 17 Standorten als kleines Gegengewicht zum Platzhirsch Lutz, der in Europa mehr als sechs Milliarden Euro umsetzt.

Hornsteiner will den Anteil an Eigenmarken ausbauen. Neuzugang ist die Preiseinstiegsmarke "Oho!", die Kika und Leiner "jünger, pfiffiger, moderner" machen sollte. Fehlt es der Gruppe nicht an Einkaufsmacht, um mit der Konkurrenz mitzuhalten? Noch mehr, da der Einkaufsverband Begros die Zusammenarbeit beendete? "Das war ein Schlag in die Magengrube", räumt Hornsteiner offen ein. Dennoch erhalte man von vielen Lieferanten gleiche Konditionen wie zuvor. "Weil sie an uns glauben."

Da und dort ist von Wildwest-Methoden die Rede, mit denen Kika und Leiner bei der Industrie um Rabatte trotz geringerer Umsätze kämpfe. Klar gehöre gespart, jeder Euro zähle, sagt Hornsteiner, letztlich gingen aber nahezu alle Partner den eingeschlagenen Weg mit.

Suche nach Synergien

Mehr Vertrauen ortet er auch von Kunden. Jeder Bericht über die Pleite des früheren Eigentümers Signa habe anfangs unmittelbar dem Geschäft geschadet. "Diesen Rucksack haben wir abgelegt." Ein Lichtblick seien gute Geschäfte mit Küchen, nicht zuletzt auch dank eines Anzahlungsschutzes. "Küchen sind das Herzstück des Möbelhandels, das Kunden an Unternehmen bindet." Im März habe man alle Umsatzziele erreicht, sagt Hornsteiner. Im April machte die ungewöhnlich warme Witterung diese wieder zunichte. "Es war ein Tritt gegen das Schienbein."

Unter der neuen Dachmarke "kikaLeiner" bemüht sich der Konzern um Synergien bei Werbung und Kundenklubs. Aus zwei Onlineshops des auf noch kleiner Flamme köchelnden Internethandels wird einer. Einkaufen werden Kunden jedoch auch künftig in zwei getrennten Vertriebslinien, versichert Hornsteiner. Millionen Euros in neue Logos und Leuchtschriften zu investieren sei derzeit wenig sinnvoll. Ebenso wenig werde man Werbeschlachten mit Mitbewerbern anzetteln, die finanziell den längeren Atem hätten.

Über strategische Fehler der Vorgänger bei Kika und Leiner will sich Hornsteiner nicht äußern. Nur so viel: Das Naheverhältnis zur Signa habe zu Investitionen geführt, von denen klassische Kaufleute absehen würden. Beim Umbau des Möbelhauses in Innsbruck etwa seien keine Kosten gescheut worden. (Verena Kainrath, 4.5.2024)